2022

06.01.2022
Nach dem die flamboyante Megaforce-Spezialeinheit
letzte Woche anschaulich demonstriert hat, wie
reine Männertruppen internationaler Prägung mit
spitzbübischem Lächeln auf den Lippen und
kindgerechten Gadgets zwischen und unter den
Popobacken, querfeldein durch wüste Wüsten und
noch wüstere Plots manövrierend, für irgendwas
ähnliches wie eine hoffnungsvolle Global-Utopie
einzustehen imstande sind, wenden wir uns nun
einem eher faschistoid-retrofuturistischem Justiz-
und Regierungsmodell britischer Prägung zu.
DREDD
GB 2012
R.: Travis / Garland
Basierend auf der in England seit den Siebzigern
sehr erfolgreichen Comicserie um einen gewissen
Joseph „Joe“ Dredd , der in einer dystopischen,
von Megacitys (gigantischen, stadtstaat-artigen
Wohnblocks inmitten verstrahlt/verseuchtem und von
Mutanten durchwimmelten Ödlandes) und allgemeiner
Hoffnungslosigkeit dominierten,
quasi-faschistischen Zukunftswelt mit allerlei
Kolleg:innen mehr oder weniger für „Recht“ und
„Ordnung“ sorgt, erzählt der Film die Geschichte
zweier Judges, die ihren Status als als Judikative
und Exekutive in Personalunion rechts schaffend
nutzen, um exzessiv krawallig gegen nicht minder
rabaukige Gegnerschar:innen vorzugehen.
Joseph kann Motorrad und Superpimmelwumme (die
bzw. der im Comic lustiger weise „Lawgiver“ heißt
und aber auch wirklich NUR von SEINEM / IHREM
Judge bedient werden kann! Wo kämen wir da auch
hin...), Judge Anderson kann Psi, Telepathie und
sexy aufs Maul.
Nach der ersten Verfilmung des Stoffes in den
90ern mit dem zerdetschten Boxsoldaten Arnold äh
Sylvester Stallionini oder so, mit der Co-Erfinder
und Haupttexter der Comicserie John Wagner nicht
besonders zufrieden war, schickten sich 2012 Herr
Pete „Omagh“ Travis und, nachdem Pete irgendwie
mit irgendwem irgendwo warumauchimmer kreativen
Stress bekam und hinschmiss, Drehbuchautor Alex
„The Beach“ Garland an, diesmal mit Herrn Wagner
als Berater, ein adäquatere Verfilmung des Stoffes
zu realisieren. (Alex holte die Faschokartoffeln
scheinbar derart souverän aus dem
postapokalyptischen Feuer, dass ihn
Dredd-Darsteller Karl Urban in einem Interview als
den eigentlichen Regisseur bezeichnete.)
Begleiten wir also den grimmen Schlagmichtot Dredd
und seine bezaubernde Rookie-Richterin
Schlagmichauchtotaberetwasgefühliger Anderson
durch das digital aufgepeppte Kappstadt, diverse
zum zerballern gut geeignete Bauruinen und
gimmelige Hinterhöfe und holen wir noch ein
bisschen Sylvesterfeuerwerk nach, während wir,
sorgenvoll immer wieder an die real existierende
Faschisierung der Weltgemeinschaft gemahnt, den
beiden irgendwie nur halbherzig zujubeln können.
Ein Mann wie ein Stahlpimmel, der grimmig Recht
spricht und aburteilt, eine Frau, deren
Empathiefähigkeit zu einer Art
PSI-Telepatie-Superkraft hochgejuckelt wird, ein
200 Stockwerke hoher Wolkenkratzerstadtstaat
voller Junkies, brutaler Gangster.innen und
quietschebunte Slowmo-Glitzer-Drogeneffekte, was
will man mehr?
(Höchstens noch mal irgendwann „The Raid“ von 2011
gucken, wo ebenfalls ein Bulle in einem Hochhaus
aufräumt. Gemein geklaut haben die Briten aber
nicht, Gareth Evans' Indonesisch-Walisischer
Auf-die-Fresse-Streifen weist zwar große formale
Ähnlichkeiten mit Dredd auf, weil sich jener aber
auf zwei wesentlich ältere Comicstrips bezieht und
die Produktion von Dredd schon im Jahr 2006 ihren
Anfang nahm, wollen wir mal nicht so sein...)
Film 3d.
Wir nix.
Wir 2d.
Gut.
Grunz.
„Willkommen“ in 2022!
““““Willkommen“““““ in der Zukunft!
J+F+A

13.01.2022
„Wenn das Ei gackert, legt es noch lange kein
Huhn“
Diese „Indonesische Weisheit“, oberflächlich
betrachtet sinnbefreit, bei näherer Untersuchung von
zwingender Belanglosigkeit und nachdenklich
stimmender Faktenarmut geprägt, soll hier nicht
weiter in Tiefe, Quere und Breite erörtert werden.
Dennoch („dennoch“? Wtf dude? Wtaf!) möchten wir den
aktuellen „Männer regeln / in der Regel / mit
höchstem / Testo-Steron-Pegel“-Block um einen
weiteren Film aufstocken, der das „auf-die
Fresse-Kino“ in den 10nern dieses blütenfrischen
Jahrtausends um einen formidablen Neuzugang
bereichert hat. Außerdem schließt er nahtlos an das
letztwöchige Grunz-und-Grimmigkeit-Seminar Dredd 2.0
an, nimmt es thematisch streng genommen sogar
vorweg, obzwar die Diskrepanz zwischen
Veröffentlichungsdatum (Dredd 2012, Raid 2011) und
Produktionszeitraum (Dredd ab 2006, Raid etwas
später) nur mittelbar auf eine direkte Beeinflussung
oder gar Plagiatsabsichten schließen lässt.
Nun ist der Kern der Geschichte (sehr kompetente
Elite-Ordnungshüter bringen Unterweltboss zur
Strecke und ballern und hauen eine drastische
Überzahl von Schergen in Sack und Asche) nicht
gerade von Homerscher Epik und Dostojewskischer
Menschenseelenkenntnis durchdrungen. Eher gemahnt
die ununterbrochene Aneinanderreihung
zwischenmenschlicher Gewaltexzesse und allgemeiner
Grobheiten an die „Handlung“ etwa 8734 Video- und
Computerspiele und ungezählte Schundromane der
letzten 17.000 Dekaden. (...wie das Internet
sicherlich belegen kann, sind Höhlenmalereien
überliefert, die bildnerisch eben jene Szenen um
NukNok und seine getreuen Jäger abbilden, die einer
Bande von Säbelzahntigern welche sich in
einem Mammut verschanzt haben, mit Faustkeilen und
Maschinenpistolen gegen jede Chance den Gar aus
machen. Google it, Gang! UggNuggh!)
THE RAID (Serbuan Maut),
a.k.a. The Raid:Redemption
Indonesien 2011
R: Gareth Evans
Da verschlägt es also einen walisischen Herren
namens Gareth Evans nach Indonesien, er lernt
Sitten, Gebräuche und so neue alte
Schlagmichtot-Kampftechniken (Silat anyone?) kennen
und denkt sich: " Toll, sieht alles irgendwie gröber
und härter aus als dieses Tunt-Fu, Knochen sind hier
billig und Stuntmen:women-Gewerkschaften nur eine
Art westlicher Fiebertraum, da dreh ich doch rasch
einen entspannenden Klopper mit Kumpel und
Esia-Telekom-Fahrer bzw. Silatlehrer Iko Uwais,
verhelfe ihm zu Weltruhm, dem „Plügel, Dlesche, Lote
Ohlen"-Genre (siehe TMN 0.1)“ zu erneuter
Aufmerksamkeit und mir selbst zu diversen Film- und
TV-Serienjobs (Gangs of London) daheim in der
„Zivilisation“".
(Naja, grade entnehme ich der allwissenden
Müllhalde, dass The Raid auf Netflix neu aufgebrüht
wird, unter Beteiligung von Herrn Evans, Michael
„Robopatriotfaschist oh gesundheit“ Bay und Patrick
„erfolgreicher Nichtskönner“ Hughes.
Soviel zu „Zivilisation“...
Lieber schnell das Original gucken, bevor einem mal
wieder die erbarmungslose Geld-Maschine in die Suppe
kotzt und man sich plötzlich sehr müde fühlt und
lieber um den hiesigen Bioladen als um
Mainstream-Schnickfuck kümmert...)
Klingt wieder nach einem „Typischen Jungsfilm“
(Antje M.H.), aber da unser Brain den Krawall der
letzten Woche dank seines Engagements für besagtes
lokales Biolädchen verpasst hat und wir unbedingt
verhindern müssen, dass er zu einem weichlichen
Körnermüsliezottel verkommt, gibt es jetzt quasi als
glorreichen Abschluss unserer inoffiziellen
Männer-Trilogie und Testosauffrischungsboostershot
so viel MANN auf die Netzhaut, dass beep beep
beeeeep beeeeeep eierstöcke beepbeeeeeep
samenundmuskelfrbeeeep
beepveganodervaginbeepBlutblutblutbeeeeeeeeeeeeeepdrogenmixmesserblutbeeeeeeeeeep.
(im Interesse des Autoren wurden einzelne anstößige
oder nicht mehr zeitgemäße Worte und Formulierungen
freiwillig ausgebleeeeeeeept. Uff. Hätte schwer in
die Hose gehen können, der Text. Glück gehabt!
Danke, tapferer Hirnrest! Darauf ein Tütchen?)
J&F&A
19 Uhr Diskussionsrunde zur Wohnraumsituation in
urbanen Niederpreisliegenschaften im asiatischen
Raum unter Berücksichtigung schwacher
einkommensstrukturaler und prekär motivierter
illegaler Aktivitäten in und um das Objekt.
20 Uhr Verdammt! Die Bullen! Wir
müssenbeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeep

20.01.2022
Hochverehrtes Publikum,
in den letzten beiden Wochen erlebten wir Personen,
die hochmotiviert hoch hinaus wollten, um in
irgendwelchen Oberstübchen für Ordnung zu sorgen.
Katzenjammer auf allen Ebenen und aus allen Rohren
war die Folge, sowie teil-digitale
Kollateralschäden, die eine Kleinstadt entvölkert
hätten.
Nun gehen wir die Sache anders an: Nehmen wir
Menschen, die schon ganz oben angekommen sind und
keinen Job zu erledigen haben. Zwar einem kleinen
Mord hier und da nicht abgeneigt sind, aber naturalmente
darauf bedacht, dass man unter sich bleibt. Auch
sonst ist so ziemlich alles anders als zuletzt:
statt in dystopische Megacities geht’s in eine
analoge Villa mit Meerblick (die eher gediegen
ausgebreitet als hochgestapelt ist), kein
„verprügelter-Loser-mit-Hautkrankheiten-Look“ weit
und breit, statt Schimmel findet sich poppige Kunst
an den Wänden. Mann und Frau hat Zeit dekorativ
herumzuliegen und sich auch sonst den Freuden des
Lebens zu widmen: Drinks, Rauchen, Tanzen,
Poussieren und natürlich: Pläne zu schmieden, wie
man an eine milliardenschwere Geheimformel kommt.
It’s Giallo Time.
5 BAMBOLE PER LA LUNA D'AGOSTO
Five Dolls for an August Moon
Italien 1970
Nun gibt es jene, die FIVE DOLLS für einen eher
schwachen Mario Bava halten, dies aber vor allem vor
dem Hintergrund einer unflexiblen Erwartungshaltung:
Blutige Seide wenige Jahre zuvor sei doch so
stilprägend für das Genre gewesen: etwa das
Einführen schwarzer Lederhandschuhe, die bei
expliziten Morden assistieren (hier: hellgraue); der
71er Blutrausch des Satans weise kreativeres
Aus-dem-Leben-Scheiden auf; und mehr solcherlei
Wehklagen. Geargwohnt wurde, Hr. Bava sei jemandem
einen Gefallen schuldig gewesen und habe rasch ein
vermasseltes Projekt retten müssen und FIVE DOLLS
daher nur ein „halber“ Bava.
Völlig außer acht gerät dabei, dass Bava selbst halb
ohnmächtig Dinge zaubern konnte, die andere zu ihren
Sternstunden zählen würden – etwa, innerhalb von 2
Tagen nach dem Briefing eine Crew zusammenzustellen,
mit dem Dreh zu starten und dabei nicht ein
Bild zu verkacken. Bavas Markenzeichen ist eben
nicht sicker Signature Bodycount, sondern Klasse. Er
konnte alles 10x besser aussehen lassen als in echt,
aus Pappe und fürs halbe Geld. Mit seinem
langjährigen Kamera-Bro Antonio Rinaldi gerät jeder
Blumentopf zur Augenweide, wobei es in FIVE
DOLLS viel besseres zu zeigen gibt: Tolle Klamotten
mit Edwige Fenech drin etwa.
Edwige war in desorientierend vielen Giallos zu
sehen, sowie in haarsträubenden Sexkomödien
(zugegebenermaßen passend zu ihrer stets phänomenal
auftoupierten Mähne). Mein Verdacht wäre, dass sie
mit einer Klassifizierung als Top-Hottie
dieser Ära nicht hadern würde, ja vllt sogar
beleidigt wäre, spräche man ihr jenes ab. Immerhin
wirkte sie stets sehr fine damit, jedem,
jeder und allem auf der Leinwand und im echten Leben
den Kopf zu verdrehen. Diese Fähigkeit versetzte sie
auch in die Lage, Quentin Tarantino zu veranlassen,
sich einmal mehr als den kompletten Volltrottel zu
outen, zu dem er nun mal nach Pulp verkommen
ist. Im jämmerlichen Bemühen, allerlei „Tribute“ in
seinen Filmen unterzubringen und „clevere
Insider-Anspielungen“, mit denen er seine Fanboys
bei der schmierigen Stange zu halten versucht,
benannte er einen Character in seinem überflüssigen
Castellari-Rippoff Basterds „Ed Fenech“.
Sagenhafte Idee, Quentin! Obwohl es nicht die
geringste Korrelation zwischen der ehemals
französischen, aktuell italienischen und stets
üppigen Edwige (oder deren maltesich-sizilianischen
Wurzeln) und einem eindimensionalen englischen
Offizier gab (irgendwie Old Europe halt), versuchte
Quentin offenbar, ein Quäntchen Drive-by-Effekt zu
generieren, indem er Ms. Fenech zu Promotion-Events
einludt. Mit Schampus und Gala hatte Edwige nie ein
Problem und war dabei. Damit allerdings kollabierte
Quentins überzogenes Karma-Konto endgültig: die
Pressefotos zeigen ihn als formlosen Creep, während
Edwige eines der wenigen Wesen auf diesem Planeten
zu sein scheint, das sogar nach massiven Beauty-OPs
fantastico aussieht. Und deren Credibilty
durch einen solchen Quatsch keinen Kratzer bekommt.
Chapeau!
Es gibt natürlich noch mehr schauspielendes Personal
in Five Dolls, über das auch zu berichten wäre: eine
waschechte Jetset-Adlige von Fürstenberg,
ein Bond Girl und natürlich auch kernige Kerle – es
muss schließlich ein Plot absolviert werden, dessen
Agatha-Christie-Archetyp wohl kaum noch als „10
Little Indians“ bezeichnet werden sollte, auch
wenn „One Indian, One Chinese, One
North-African, One Southeast-Asian, One Inuit, One
Indegenious Australian, One Sub-Saharan-African,
One Caucasian, One Japanese, One Native American“
etwas sperrig scheint und für die Südamerikaner
kein Slot mehr frei wäre.
Unbedingt erwähnt werden sollte noch der Soundtrack,
für den Piero Umiliani verantwortlich zeichnete. Ein
ganz kleines bisschen fragt man sich schon, ob Zeit
war ihm das Drehbuch zukommen zu lassen, oder falls
nicht, doch zumindest ein kurzes Telefonat ihn in
Kenntnis hätte setzen können, dass gar nicht
so wenig gestorben werden würde zu seinem Score.
Vielleicht hat man auch, und sowohl seine wie auch
Bavas Entscheidung war in ihrer Radikalität volle
Absicht: selten sah man Unheil sich so beschwingt
vertont entfalten.
Jedoch: Dass hier kein Unfall vorliegt, sondern
Umiliani es einfach faustdick hinter den Ohren
hatte, scheint plausibel, hört man die Vocal Version
des Themes (die in einem giallo-würdigen Twist
ausgerechnet nicht im Film zu hören ist):
ist doch da völlig unerwartet einer der tückischsten
Ohrwürmer der Musikgeschichte eingeschmuggelt: Viva
la Sauna Sverige. Wer glaubt, diesen Titel
nicht zu kennen, liegt voll daneben: In FIVE DOLLS
funkelt eine Variante von Mah-Nà Mah-Nà auf,
welches von Umiliani für den Mondo-Film Schweden
– Hölle oder Paradies? komponiert und erst
später unter seinem notorischen Titel zum
popkulturellen Wiedergänger wurde. All das ist
rätselhaft und womöglich so tiefgründig wie auch der
Titel unseres Films. Wer ein neues Hobby sucht, kann
sich am Entschlüsseln der Zusammenhänge zwischen
Giallo-Titeln und dem, was auf der Leinwand zu sehen
ist, versuchen. Never ending fun.
Zu alledem sehen wir eine zum Heulen schöne neue HD
Abtastung.
I could go on and on – aber wir belassen es bei
einem lässigen...
See you!
F&J&A

27.01.2022
O LUCKY MAN
GB 1973
R.: Lindsay Anderson
(Britannia Trilogie Part 2)
Was wäre, wenn ein junger Mann namens Travis, der im
(irgendwann schon mal in der TMN gezeigten)
Revoluzzer – meets – Unimassacker - Feelgood-Film
„if...“ von Lindsay Anderson, nach seiner zünftigen,
besagten Film abschließenden Amok-Ballerei,
mittlerweile feststellen musste, dass das bloße
Abknallen der ungeliebten korrupten
Autoritätsfiguren irgendwie nicht als
gesellschaftlicher Gegenentwurf fruchtet, weil
einfach nie genug Munition zum Beseitigen aller
Arschlöcher dieser Welt mit den begrenzten Mitteln
wild um sich graduierender Studierender zu erwerben
ist und die ganze Sache auch sonst irgendwie nicht
so recht durchdacht daherkommt?
Travis, gespielt von Malcolm McDowell, schmeißt in
dieser „Fortsetzung“ des Anderson-Klassickers (Teil
Zwo seiner „Britannia-Trilogie“) seine Black
Panther-Poster mitsamt der Studentisch -
antikapitalistischen Gesinnung auf den Müllhaufen
der Geschichte und arbeitet eine Weile in einer
Kaffeefabrik. Es half Malcolm „Alex Droog“ McDowell
gewisslich, dass er selber einige Jahre in einer
solchen Fabrik geschuftet hat. Ursprünglich sollten
seine Erfahrungen gar die Basis des ersten
Drehbuchentwurfs zu „Oh Lucky Man“ gebildet haben,
McDowells Gebräu war Herrn Anderson dann aber wohl
etwas zu dünn und er legte selber Hand an.
„If you can`t beat `em, join `em“ ist fortan Travis
Devise und „Karriere“ heißt jetzt der Weg jenseits
des „Karl mag's – Che
GueJava-MalcolminthemiddleX-HohoHo-Chi-Minh-Pfades“,
den unser wackerer Overactor beherzt querfeldein
durch ein surrealistisches, wirres und irgendwie
fast schon rührend verschusseltes 70er England (und
ebbes weiter nach Afrika), einschlägt. Auf dem
verknotetem Pfad nach „ganz oben“ (wie wir
aufgeklärten Zeitgenossen:innen des 23. Jahrhunderts
wissen, das neue „ganz unten“ - oder schlimmeres)
begibt er sich auf eine zunehmend surrealistischer
werdende Reise durch den realen und psychologischen
Kosmos Britanniens und des siechen
spätkolonialistischen Westens der 70er Jahre.
Und genau hier fangen die Probleme an. (Aber hey,
wäre es ein „guter“ Film, wozu sollten wir ihn dann
in der Trashnight zeigen?) Der überambitionierte
Film will irgendwie alles auf einmal sein. Alle paar
Minuten wird ein neues Fass Kritik aufgemacht, mal
überschäumend psychedelisch und opulent, mal schal
wie eine auf weiche Kekse gekippte Limo aus den
Sechzigern.
Kritik an Allem und Jedem und irgendwie Kapitalisten
fies finden? Glaubt nicht, dass die einfachen
Menschen auf der Straße nur ein Jota besser sind als
die Fetten Bosse da oben. Psychologie und
Wissenschaft im Dienste der Menschheit? Wer den
Eierköpfen traut, ist selber Schuld. Männer? Frauen?
Liebe? Da lachen doch die Hühner! Religion?
Schlimmer als Opium! Opium? Schlimmer Marxismus.
Marxismus? Kälter als Kaffee im Hospiz. Oder so.
Was Herr Anderson nun eigentlich will oder nicht, es
bleibt dem Betrachter größtenteils verborgen. Aber
auf sehr unterhaltsame Art, mit einer zum Teil
mehrere Rollen spielenden
Oldschool-Schauspielerklicke (unter Beteiligung
nicht weniger Clockwork Orange-Alumni) und einem
sehr gut gelaunte blutjungen McDowell.
Ich hatte das fragwürdige Vergnügen, den Film als
reichlich junger Mensch quasi halb zufällig im TV
entdecken zu dürfen. Er wurde unter anderem als
„Fantasy Kommödie“ gehandelt, ich dachte mir nur:
Fantasy! Nicht so geil wie Science Fiction, aber man
nimmt ja, was man kriegt...
Ach, meine lieben Droogies, wie ermattete und
perplexte mich das Gesehene – und irgendwie war ich
dennoch glücklich, genug von all dem erfasst zu
haben, um ein klitzewinzig kleines bisschen besser
zu begreifen, warum alleallealle Menschenwesen der
(westlichen) Welt irgendwie entweder gutmütige
Deppen oder scheißige Deppen oder nichtsnutzige
Deppen oder scheinheilige egoistische Deppen oder
jede nur erdenkliche Art Deppen sind und man seine
Ansprüche getrost einige Umdrehungen runterschrauben
kann.
Alan Price und Band, die quasi als Griechischer Chor
ab und zu in einem Studio klampfend und
siebziegerlnd das Gesehene kommentieren, um sich auf
irgend einer der vielen Meta-Ebenen dann sogar in
die sich immer weiter auflösende Handlung zu mogeln,
wollte ursprünglich mit Anderson eine Tour-Doku
drehen; gelandet sind die wackeren Zottelmusiker
stattdessen in dieser völlig aus dem Ruder
gelaufenen, wild auf alles und jeden eindreschenden
Sozialsatire ohne Ziel und Zweck, die auch gut und
gerne als Bekenntnis zum „Scheißegalismus“ („Bleibt
halt cool und irgendwie gesund, bevor ihr sterbt,
mehr gibt’s net“ hjr) verstanden werden kann. Und
grade diese Botschaft aus einem nicht minder
turbulenten, vergangenen Jahrzehnt, scheint mir die
heutige Zeit gar nicht so schlecht abzubilden und zu
kommentieren.
Ein Film, der heute verständlicher ist als damals,
weil wir die seltsamen Übersteigerungen, das fast
schon pompös- und aufdringlich-besserwisserische
Getue bei gleichzeitiger Weigerung, dann auch mal
Buddha bei die Fische zu geben bzw. IG Farben zu
bekennen, eben nicht als schwarze Fantasy - Kommödie
sondern seltsam vertraute Zustandsbeschreibung (und
somit recht dicht an unserer eigenen bizarren
Lebenswirklichkeit andockend), begreifen können. Und
hey, mit „meta“ süßen wir heutzutage unseren Kaffee,
das haut uns nun wirklich nicht mehr vom Sockel wie
seinerzeit Juniors Zuckerwürfel die Omama.
19:00 Tagesaktuelle Tea-Time
20:00 Hoppla, „aus versehen“ die Zuckerwürfel
vertauscht?
ACHTUNG! Film hat Überlänge. Aber weil diese Briten
gar fürchterlich nuscheln, gibt es englische
Untertitel als Bonus-Keks. Keine Pause!
J+F+A

03.02.2022
Hochverehrtes Publikum,
noch rechtzeitig haben wir bemerkt: unser
Barbarenbarometer ist gefährlich abgefallen –
höchste Zeit, Fell und Keulen nachzulegen.
Davon finden wir reichlich in CONQUEST, auch
wenn man manchmal ziemlich genau hinschauen muss, um
überhaupt irgendwas zu erkennen. Nein, kein
jämmerlicher VHS-Rip kann verantwortlich gemacht
werden, sondern die eigenartige Konsequenz, mit der
Lucio Fulci diesen Streifen in diffusen
Zwischenwelten angesiedelt hat – es ist nie ganz
hell, aber auch nicht komplett dunkel; es gibt
Kleidung, aber eher wenig; dafür reichlich
Landschaft, jedoch von bemerkenswerter Banalität;
Bronze-Tech ist angesagt, was gelegentliches Lasern
nicht ausschließt; alles ist in Farbe, dabei völlig
ausgelaugt; eine italienische Produktion ist es, in
der auch Mexikaner herumgepfuscht haben; es wird in
Sandalen herumgewatschelt, aber zu grellem
Synthie-Score; es geht grob und explizit zu, aber
über allem und jedem und jeder liegt ein dubioser Bilitis-Filter.
Dass man dennoch im Barbarenland verortet bleibt,
dafür sorgen die Dialoge: beim Versuch zu ermitteln,
ob wir gerade den richtigen Audio-Track codieren,
mussten wir an ca. 10 Stellen zappen – bei den
ersten neun ward nur Grunzen, Stöhnen oder Schreien
gegeben.
Was den Herrn Fulci bewogen hat, seine 1983 bereits
in Schlussfahrt Richtung Jammertal befindliche
Karriere mit einem weiteren Genre kollidieren zu
lassen, werden wir nicht mehr erfahren. Vielleicht
war es ein verwegener Versuch, nicht nur für seine
Horrorsplattereien in den Jahren zuvor in Erinnerung
zu bleiben, die ihm zwar einerseits ein bescheidenes
Auskommen, anderseits aber die glühende Zuneigung
einer Zielgruppe bescherten, mit der man auf keiner
einsamen Insel stranden möchte.
Wenn dies sein Plan war, ging er in beide Richtungen
schief: in CONQUEST werden immer noch genügend
anatomische Gemeinheiten präsentiert, um ein
„Prädikat Wertvoll“ zu verhindern, andererseits
wurden Gorehounds nicht mit der erforderlichen
Dosissteigerung ggü. dem Haus an der
Friedhofsmauer et al. versorgt.
Ein Film, der nicht so recht weiß, wohin mit sich
selbst, unbeholfen hierhin und dorthin tapst, dabei
eine Menge Zeit und Mutanten und Schurken
totschlägt. Inhaltlich wird erwartungsgemäß
Kokolores erzählt, womit man heutzutage vielleicht
etwas vorsichtiger umgehen würde – es fände sich ja
ruckzuck eine Telegram-Gruppe, die das alles
plausibel und megawichtig und für unterschlagene
frühgeschichtlich-bare Münze* hielte.
Für eine valide Einschätzung muss man diesmal keine
bloggenden Kollegen bemühen, es genügen die drei
Einträge in der Sektion „Kritik“ der deutschen
Wikipedia:
„Lucio Fulcis neuer Großauftrag für die
Schlachthäuser in der Umgebung von Cinecittà.“
– Hahn, Jansen, Stresau: Lexikon des Fantasy-Films
„Trotz kunstvoll arrangierter Naturaufnahmen ein
Film der übelsten Sorte, in dem in nahezu jeder
Szene gemordet und geprügelt wird.“
– Lexikon des internationalen Films
„Fachleute werden sofort die sehnsüchtige, fast
liebevolle Art wiedererkennen, mit denen Fulci
alle Arten der Verwesung vorführt.“
– Monthly Film Bulletin
Film ab!
F&J&A
*Reichsmark versteht sich

10.02.2022
Geneigtes Publikum,
ein gutes Jahr gaben wir Euch Gelegenheit, DOUBLE
DOWN zu verarbeiten. Manche konnten dieses Werk wohl
erfolgreich verdrängen, andere mögen noch schwer
daran tragen.
Um alle wieder auf den gleichen Pegel zu bringen,
füllen wir ein Fäßchen Gülle nach – nach dem
Erstling kommt der zweite Streich aus dem Hause
Breen. Ach was Haus – ein Palast wär noch zu wenig,
ein Kontinent zu eng, erst ein Sonnensystem mag grad
so reichen, um das Ego des Meisters unterzubringen.
Wer auch immer versucht, sich dem Phänomen Neil
Breen zu nähern, weiss sich bald nicht anders zu
helfen, als mit allen möglichen
psycho-pathologischen Zuschreibungen um sich zu
werfen, auf dass man diesen Irren möglichst auf
sicherer Distanz halte. Kniffligerweise ist es genau
der narzisstische Größenwahn, der Breen so relevant
macht – er kann als lebender Beweis dafür gelten,
dass man sich nur genug selbstüberschätzen muss, um
groß rauszukommen, und damit als direkter Vorläufer
von Trump. Beide haben irgendwas mit Immobilien
gemacht und damit genug Geld zusammengeschachert, um
ihr megalomanisches Ding durchzuziehen. Aber man
muss anerkennen: Neil war ein paar Jahre früher am
Ziel – zweiter Film 8 Jahre vor Donalds erster
Präsidentschaft.
Ob es nun unser Glück oder Pech ist, dass Mr. Breen
kein Interesse am höchsten Amt hatte und es
attraktiver fand, gleich mit der Rolle des Erlösers
höchstselbst zu liebäugeln, ist noch nicht
abschließend geklärt. Dennoch hat es einen gewissen
Reiz, sich – unter sicheren Laborbedingungen – die
kollektiv narkotische Wirkung und
Bedeutungsscheinschwangerschaft eines Präsidenten
Breen auszumalen.
Männern dieses Formats scheint es inhärent,
multidisziplinär zu agieren – der eine als
gewissenloser Geschäftsmann, Trash-TV-Ikone,
cholerischer Oberkommandierender, sexistischer
Rüpel, notorischer Lügner, korrupter Machtpolitiker,
bildungsferne Ökokatastrophe etc.; der andere als
Drehbuchautor, Regisseur, Casting Agent, Kameramann,
Oberbeleuchter, Stunt Koordinator, Cutter, SFX-Mann,
Ausstatter, Produzent, Haardesigner und natürlich:
sexy Leading Man.
In einem Aspekt sind die Herren völlig kongruent:
Mit unerschütterlicher Vehemenz und ohne jede
Selbstironie Dinge zu tun, welche alle, die noch
ihre drei Groschen beieinander haben, in schiere
Fassungslosigkeit versetzen.
Was konkret erwartet uns also? Man könnte
argumentieren, dass Breen bei seinem Zweitling
bereits Kompromisse ans Studiosystem machte, indem
er das Catering nicht mehr selbst besorgte (ihr
erinnert Euch? Dosenthunfisch?), aber das ist ein
Ablenkungsmanöver. Breen all over the place: Ein
feuchter Traum für Stockfetischisten (wir sprechen
von Video und Audio); die größe Dichte von
Wüstenschwenks, die jemals in diesem Universum
realisiert wurde; innovative Stigmata, bei denen die
Nägel offenbar rein, aber nicht durch
gehen; Puppen, die Babys darstellen sollen und
Puppenköpfe, die weiss-der-Teufel-was darstellen
sollen; Dialoge, die Tommy „Wiseau?!?“ kaum
fesselnder hinbekommen hätte; exakt zwei Rollen für
schwarze Schauspieler (Gang-Thug & krimineller
Politiker); Zwillinge, die sich nicht ähnlich sehen;
allerlei Wunder mehr – und üppig Zeit zum
Nachdenken.
As an aspiring filmmaker and film student, I can
appreciate just how hard it is to write, produce,
direct, cater, and star in an eighty-six-minute
film.
On the other hand, Neil Breen should not be
allowed anywhere near a video camera.
See you!
F&J&A
(geben ward I AM HERE ... NOW)

18.02.2022
Liebe Genossen:innen:
Kalter Krieg oder heißer Kaffee?
Wir von der Trashmovienight kennen die Antwort. Aber
wir leben ja auch im aufgeklärten Jahr 2022. Alle
Kriege gehören der Vergangenheit an, die Welt wird
von fähigen Allround-Genies wie Neil Jeezus Breen
verschussel...- äh verteidigt. Atombomben oder
sonstige Mordwerkzeuge sind also komplett unnötig
und werden dementsprechend bestimmt gar nicht mehr
hergestellt. Juchhe.
Was uns da so alles erspart bleibt, schildert der
dieswöchige Film
S-a furat o bomba
Die gestohlene Bombe,
Rumänien 1961,
Regie Ion Popescu-Gopo.
Vielleicht als kleine Wiedergutmachung für den
Sitzfleisch-Hornhaut provozierenden, extrem langen
Film über „Lucky-Mann“ McDowell bzw. den um einiges
kürzeren, aber irgendwie auch vielvielviel
längeren Film „Jesus Breenius Turnberg weiß,
kann, macht ALLES besser!“, begleiten wir diesmal
einen grundanständigen, ahnungslosen Nichtskönner
eine gute Stunde bei seinen Bestrebungen, einen
geheimnisvollen Koffer dem rechtmäßigen Besitzer
zurück zu geben.
Verdammt, wir wollen nur euer Bestes, deshalb
verzichten wir sogar auf Farbe oder Dialoge! Die
surrealistische Kalter Kriegs / Agenten / SciFi /
Romcom / Slapstick-Schote aus Gheorghe
Gheorghiu-Dejs Rumänien (bis zu Ceaușescus Aufstieg
zum Ersten Sekretär des ZK der PMR waren noch knapp
4 Jahre Zeit, in denen er als „ZK-Sekretär für
Organisationsfragen“ für Stimmung sorgte), wurde vom
Trickfilmpionier und Disney-Konterrevolutionär Ion
Popescu-Gopo als einer seiner wenigen Realfilme
inszeniert.
Sicher, hier regiert klimabedingt eine gewisse
vorsichtig-betuliche Umständlichkeit beim tackeln
brisanter Themen wie eben des kalten Krieges, der
Angst vor dem letzten Atombombenknall, dem
allgegenwärtigen Misstrauen westlich geprägter
Korruption und der generell für uns glückliche
2022-Westler-Kinder undurchsichtigen Strukturen des
Rumänischen Alltags des Jahres 1961, aber hey, uns
erwarten jede Menge Ballereien, heiße
Clubbingszenen, rasante Actioneinlagen, Mobster,
Militärs, eigentlich alles, was das Trashmovieherz
begehrt.
Seid gespannt, rät fürsorglich aber auch
nachdrücklich das TMN ZK.
„Fun Fact“ aus dem lebendigen Buch des Wissens,
Wikipedia:
„Ion Popescu-Gopo died in Bucharest on 29
November 1989, just weeks before the Romanian
Revolution. He suffered a heart attack while
trying to push his car, stuck in snow, into his
garage. His death was the first step into the
downfall of the Romanian animation studios
Animafilm, which later suffered from financial
issues after the 1989 revolution.“
Was? 74 Minuten sind Euch nun wieder zu kurz?
Keine Angst, ein kleines Schmankerl für die
unersättlichen Genossen.innen gibt es noch in Form
einer soeben aufwändig digital restaurierten
filmischen Überraschung aus der Offenbacher
Filmpropagandaschmiede HfG, vorzüglich besetzt mit
zwei uns wohlbekannten Größen der sachlich-konkreten
Hyperrealisschauschpielschule, die unter der
gestrengen aber kompetenten Regie einer
herrausragenden Genossin ihr
didaktisch-schauspielerisches Talent zur allgemeinen
Erweiterung unseres lokalen Horizontes nachdrücklich
unter Beweis stellen. Mit scharf.
19 Uhr Bombenstimmung
20 Uhr Stimmungsbomben
Danach: Aufklärung der Massen
J+F+A
(Zugabe waren GUT SCHMECKT MUSS SEIN von Sabrina
Dörr sowie GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN von Christoph
Nogay)

24.02.2022
BRD, 1984. Ungemütlicher Ort. Man befindet sich in
jener Zukunft, die Punks schon abgeschrieben hatten,
bevor sie so beschissen wurde wie sie nun mal ist.
Alte Nazis, neue Lügen, Plastik, Retortenleben,
Komaarbeiten, Konsumsiechen, Verzweiflungssaufen im
Überwachungsstaat, und als wär’s nicht schon schlimm
genug: zu all dem läuft Fahrstuhlmusik!
Es hilft nur noch Vorneverteidigung: voller Angriff
– den ganzen Dreck, der sich immer höher türmt,
abfackeln bevor er alles erstickt. Losloslos,
Action, inhaltlich ist sowieso alles klar!
Es war die wundersame Zeit, als junge Leute unter
Druck und mit apokalytischen Zukunftsaussichten
gleichzeitig illusionslos, hyperaktiv, paranoid,
lebensgierig, todessüchtig und wutentbrannt waren,
statt FDP zu wählen. Nicht in ETF einzahlten,
sondern Musik und krankes Zeugs machten, auf das
noch keiner gekommen war. Tritte in die Eier wurden
nicht als NFT geminted, sondern kostenlos verteilt.
Alte Zöpfe und lange Haare: abgeschnitten. Im
Zweifelsfall lieber was kaputt machen als ganz
lassen. Dennoch: Kollaborationen mit weißen alten
Männern waren drin. Wenn jene heroinsüchtige,
waffenvernarrte Schwule mit abwegigen
Manipulationstheorien waren und chronisch auf
Krawall gebürstet.
So ungefähr ist das fröhliche Mindset, dem unser
diesmaliger Programmpunkt entspringt.
DECODER sieht aus und hört sich an wie eine
ungesunde Party, auf der Christiane F., der
Throbbing Gristle Frontmann und einer von den
Einstürzenden Neubauten auf Metall rumhämmern und
aneinander vorbeischreien, während William Borroughs
im Hintergrund mit schnarrender Stimme Zynismen
reisst und sich einen Schuss setzt. Das liegt daran,
dass es ziemlich genau so ist. Die wollen nicht
spielen, die beißen.
Ein kleines, dreckiges, hoffnungslos
überambitioniertes und unterfinanziertes
Zeitdokument und genau deshalb ein ODDBALL, den wir
uns gönnen bevor er 40 Jahre alt wird und zuhause
rausfliegt, der Penner.
Wenn anschließend Euer Hirn noch nicht komplett
kurzgeschlossen ist, gibt es noch eine wundersame
10minütige Dokumentation über ein paar Italiener,
die seinerzeit von dieser teutonischen Dystopie
dermaßen beeindruckt waren, dass sie diese ein paar
Jährchen später in Second Life nachgestellt
haben. Kannste Dir nicht ausdenken.
Also: Glotzen, ihr Schweine!
F&J&A

03.03.2022
Liebe Trashmoviepeoplez,
auch irgendwie gestresst? Vom Hier und Jetzt, vom
unermüdlichen quälenden Gang durch die turbulenten
Weltgeschehnisse, dem großen immer gleichen Nichts
entgegen? Sehnt Ihr Euch nicht auch nach Besseren
Zeiten zurück? In ein anderes Jahr, wo alles noch
supitollitolli, optimistisch, leicht verpeilt und
summa summarum zehntausendmal besser war?
Wir von der TMN scheuen weder Mühen noch … na gut,
weder Mühen, Euch diesen Wunsch nach einer Zeitreise
in eine glückselige Vergangenheit zu erfüllen.
Unsere Mittel sind leider knapp und unsere gammelige
Zeitmaschine nur sehr bedingt für längere Reisen zu
gebrauchen, deshalb langt es nur für einen sportlich
kurzen Trip in das wonnige Jahr 2021, als ja alles
bekanntermaßen besser war, der Mond besiedelt, die
Amüsierdamen in den Mondsaloons leicht und
farbenfroh beschürzt, die Raumanzüge selbstbewusst
quer über die Farbpalette durchgegendert und
verwegene Prospektoren und skrupellosen
Mondrinderbarone – äh – naja, das übliche
geldgierige Gesocks, noch so richtig verwegene
Prospektoren und übles Geldgieriges Gesocks waren.
Hier sausen unermesslich wertvolle Asteroiden
querfeldein durch das erstaunlich vollgestopfte
„Nichts“, hier rauchen die Colts – buchstäblich –
auf einem Mond, der wirklich nur ab und an so viel
Anstand hat, wenigstens so zu tun, als ob
Gravitation oder das Fehlen derselben in irgend
einem wie auch immer gearteten Zusammenhang zum
Physikalischen Universum stünden, es wimmelt von
wirklich ganz herzallerliebsten Raumstationen
(Sydneyoper auf dem Mond anyone?) und possierlichen
Fahr- und Fluggeräten. Die oben schon erwähnte
Mondsaloonbar inklusive psychedelisch angehauchter
Tanzgruppe und viel Mondwhiskey lädt ein, nur allzu
verständlichen Frust, etwa, wie unser Held, nach
einem stattlichen Marsabenteuer (off screen) wieder
auf den Erdenmond (relativ on screen) runtergesackt
zu sein, vergessen zu machen.
Überhaupt lugen so viele zauberhafte swinging sixtys
Details um jede Ecke der liebevoll ausstaffierten
Mondphantasmagorie dass man fast den Eindruck
gewinnen könnte, nicht im Jahr 2021 sondern 1969 in
einem eher günstigen Filmset der legendären Hammer
Filmstudios gewissen Filmschaffenden bei dem
irgendwie leicht in die unstabile Seitenlage
geratenen Plan beizuwohnen, im Jahr der echten
Mondlandung einen Spielfilm zu kredenzen, der
einfach fröhlich auf die realen Fernsehbilder eines
der grötßen Menschheitsabenteuer pfeift und lieber
einen in vielerlei Hinsicht beknackten Mondwestern
zusammendeliriert, für den sich dann konsequenter
Weise irgendwie niemand so richtig interessierte.
Wem nun langsam der Verdacht kommt, dass unsere
„Zeitmaschine“ auch eher verdächtig einer Bong
ähnelt als einem technologischem Wunderwerk aus
irgend einem verschusselten Phantasielabor dubioser
High (sic) Techniker, könnte auf der rechten Spur
sein. Andererseits: Die Mondlandung wurde ja
bekanntermaßen auch von einem britischen Filmemacher
(hustKubrikhust) insziniert und uns ist im Moment
ohnehin alles Mögliche möglich und ziemlich
scheißegal, deshalb einfach mal zurücklehnen,
Sixtys-Smarties, Rauchwerk und Feuerwasser
zurechtgelegt, um sich eine schöne Drönung Moon Zero
Two ins Hirn zu strahlen, damit endlich mal,
wenigstens für ein paar dutzend Minuten, etwas
anderes unsere Sinne vereinnahmt als die
schreckliche Kacke, die uns grade auf allen Kanälen
vor den Latz geknallt wird.
MOON ZERO TWO
GB 1969
R.: Roy Ward Baker
19:00 Startvorbereitung, Countdown, aufsatteln
20:00 Giddyup up and away!
J+F+A
ps.: random
musictip yall

10.03.2022
Hochverehrtes Publikum,
nun haben ja nicht alle unserer Stammgäste und
-zuschauerinnen eine waschechte HfG-Biografie auf
dem Kerbholz, aber durch unser Programm
unvermeidlicherweise eine nicht immer unanstrengende
Seh- und Denkschule absolviert. Aus dieser in vielen
Stunden erarbeiteten gemeinsamen Perspektive lassen
sich Sachverhalte beleuchten, die keine
Hochwissenschaft durchdringen könnte. Etwa die
Fragestellung, wie sich wohl Offenbacher
Filmstudenten der 90er einen 80er Jahre Diplomfilm
der Kollegen in München vorgestellt hätten.
Thesenhafterweise etwa so: Schnösel aus besserem
Hause (ausschließlich Männer) sind erst kürzlich den
krachledernen Hosen entwachsen und geben sich
angepunkt, obwohl sie genetisch unzweifelhaft Popper
sind. Dabei bleiben sie filmstilistisch und
politisch unverdächtig genug, um dicke Fördertöpfe
anzapfen und damit bereits vor Beginn ihrer
aalglatten Karriere in Farbe und 35mm drehen zu
können. Als Simulation sozialer Kompetenzen wird ein
„Gemeinschaftswerk“ produziert, in dem der Abschied
von der eigenen, nicht annähernd ausgelebten, aber
als progressiv verklärten „Jugend“ zelebriert wird.
Dabei bedient man sich einer vorgeblich
gesellschaftskritischen Attitude, die hinreichend
diffus bleibt, um keinem wehzutun. „Authentizität“
wird erzielt durch das Casten luftig bekleideter,
medienprominenter Drogensüchtiger, wobei natürlich
keinesfalls voyeuristische Mitnahmeeffekte
beabsichtigt sind. Die kreuzspießige, muffige
Führerstadt wird mangels echter Grittyness zur
verruchten Metropole umdekoriert, um einen Rahmen
für Handlungsfetzen zu bieten, die ebenso pathetisch
konstruiert wie verachtenswert weinerlich sind.
Mühsam wird mit einigen betont kantigen Tracks (die
nie im Bajuwarischen hätten entstehen können)
kaschiert, dass Spider Murphy Gang der schlüssigere
Soundtrack gewesen wäre. All das ermöglicht den
Absolventen einen reibungslosen Übergang in den
mittelklassigen Mainstream, und wird flugs mit
zahlreichen Aufträgen honoriert – Polizeirufe für
die einen, Manta Manta für den anderen.
Ist es so? Oder sind die imaginierten HfGler der
90er schwer belastet von substanzlosen Vorurteilen?
Gar schlicht nur neidisch auf maßgeschneiderte
Bundfaltenhosen und Maßkrüge voll Kokain?
Ihr entscheidet! Hierfür gilt es einzutauchen in die
NEONSTADT, den nächsten Flashback in unserer
Miniserie „Bundesdeutsche Peinlichkeiten der frühen
80er“.
See you!
F&J&A

17.03.2022
Ist wirklich, liebe Freunde:innen filmischer
Extravaganzas,
„Alles Fürchterlich“?
Von der Gegenwart schweigen wir jetzt mal einen
Moment, aber das Treiben diverser
Filmstudenten:innen, deren Ergüsse wir in den
letzten Sessions goutieren durften, lässt bei aller
bunter Verspielt und Verspultheit zumindest den
Schluss zu, das schon immer so einiges im Argen lag
und liegt und liegen wird, aber trotzdem oder gerade
deshalb auch sehr vieles dafür spricht, dass die
vielen Irrungen und Wirrungen von
Lebensgefühligkeit, dubiosen Modenarreteien und
allgemeinem zielos-haedonistischem Getue ganz und
gar nicht fürchterlich, eher das genaue Gegenteil
davon bedeuten, waren, sind und hoffentlich auch
noch lange sein werden.
Realität ist eben nicht nur, was sie ist, sondern
auch, was man aus ihr in ihr macht.
Die große HfG Antwort-Show auf die Münchner,
Berliner und sonstigen frisch geschlüpften
Kreativneurotiker der letzten TMN Wochenschauen,
steht schon in den Startlöchern bzw. wird eifrig
gesichtet und konvertiert, aber aus gegebenem Anlass
(und weil ein paar Player aus unserer
Hochschulvergangenheit nicht anwesend sein können,
um uns in Persona mit wichtigen und unterhaltsamen
Input, Anekdoten und fadenscheinigen
Rechtfertigungsversuchen zu den jeweiligen Filmen zu
beglücken), zeigen wir heute ein Spezialprogramm,
das sowohl mit der TMN im allgemeinen, als auch
deren Akteuren im Spezielleren und möglichen
Schwestern und Brüdern im Geiste jenseits des großen
Teiches im Allgemeinsten, zu tun hat.
EVERYTHING IS TERRIBLE: THE MOVIE
und
Selektiertes aus den Schatzkämmerchen der HfG
Filmklassen, subjektiv und ein wenig
egozentrisch von einem gewissen 55 jährigen Kurator
handverlesen.
Die überbordende Bilderflut darf bei aller
Respektlosigkeit in Form und Inhalt, mit ein wenig
Augenzwinkern und von nervös rauchigem Husten
begleitet, als große Liebeserklärung an das
Abseitige, an die Zauberkraft der Montage und die
ästhetische Freude am Missverständnis, dem Fehler,
dem Irrtum und dem ganzen Schlambambes, der
bilderflutigen Hemmungs- und Respektlosigkeit von
wüst zusammenassoziiertem Bewegbilderwahnsinn,
verstanden werden.
Lasst Euch überraschen!*
19 Uhr: Alle so: Wir könnten das Paradies sein
(Glugger, Dampf)
20 Uhr: Auch Alle so: Doch wir sind: Die Hölle.
(Gröhl! Jubel! Prost!)
J+F+A
* Gegeben ward ein HERRJÖRGRITTER SPECIAL
(rapid eye groovement, Jaques et Cornele, jack not
Jack Pilot, terrible dream, Fake fact File three
1-3, techitechitekkyskapypopo Show 2.0)

24.03.2022
Tja Leute,
die 80er sind noch nicht vorbei. Einen haben wir
noch. Nach unseren Ausflügen nach Hamburg (DECODER,
dytopische Paranoia) und München (NEONSTADT,
filmemachende Nabelschau) müssen wir natürlich noch
in die Mauerstadt. Seinerzeit wär es vielleicht auf
DER EINBETONIERTE ENGLÄNDER als Titel rausgelaufen,
aber in 2015 wurde es dann
B-MOVIE: LUST & SOUND IN WEST-BERLIN
1979–1989
Egal – wichtiger ist, dass uns eine verdammt
elegante Überleitung gelingt vom letztwöchentlichen
Found-Footage-Massaker. Auch dieses Mal erwartet uns
ein Stakkato von Material aus unterschiedlichsten
Quellen, nicht nur Terrible, sondern auch
hypernervös, hyperaktiv, hyperkreativ, autoagressiv
depressiv, mit gespikten Haaren oder gleich ohne,
vollgedröhnt und die Kerze an drei Enden angezündet.
Dabei gelingt das Kunststück, gleichzeitig
merkwürdig uplifting zu sein – könnte daran
liegen, dass wir einer semi-fiktiven Biografie
folgen, einer Art Independent-Version
historisierenden Event-Fernsehens.
Allerdings: Hier malt die Erinnerung nicht mit
goldenem Pinsel, sondern die Macher feuern eine
Schrotflinte auf eine Kiste voller
Goldlack-Sprühdosen ab. Aber hey – die dürfen das,
denn der Ich-Erzähler war dabei, ja ist
dabei, sowohl in historischem Material wie auch auf
neu gedrehtem vermittels eines proper
Lookalike, und in diesem Durcheinander verliert man
schließlich komplett den Überblick. Fast wie auf
einer guten Party. Und wie dort ist es ein bisschen
übersteuert, ein bisschen zu voll mit interessanten
Leuten, ein bisschen too much, zu großmäulig
und zu euphorisch, aber scheiss drauf, für heute.
See you!
F&J&A

31.03.2022
Hochverehrtes Publikum,
auf verschlungenen Wegen hangeln wir uns weiter
durch einen dampfenden Dschungel voll prallem Leben,
wimmelnder Found Footage, spekulativer
Zeitgeistanalyse, Mansplaining-Voiceovern und
allerlei Lebenskonzepten, die zwar IRL ins
evolutionäre Off führten, mit zunehmender zeitlicher
Distanz aber umso erinnerungswürdiger scheinen.
War unser Programm letzter Woche noch gesprenkelt
mit subkulturellem Herumrandalieren (welches sich
posthum zum zivlisatorischen Meilenstein verklären
ließ), wird in dieser Woche der letzte Niveaustöpsel
gezogen und das Auditorium mit unverdünntem Schund,
Sleaze und Schwachsinn geflutet.
DAS IST AMERIKA, Teil 1 ist ein später, aber
mustergültiger Mondo-Film, also in jenem
Genre verortet, das unter dem Vorwand
dokumentarischer Aufklärung ziemlich genau das
Gegenteil leistete. So unterschiedlich die
verantwortlichen Crews und Ursprungsländer waren, so
sehr man abseitigste Themengebiete ausdeutete (Mondo
Freudo, anyone?), gab es doch Gemeinsamkeiten
zwischen all diesen Produktionen: Authentizität war
fakultativ, Sex, Crime und Gewalt hingegen
obligatorisch, das Draufhalten auf ahnungs- und
hilflose Personen üblich und eine zynische, auf
maximales Aktivierungsniveau zielende Grundhaltung
sowieso.
Daher sei gleich angemerkt, dass wir uns und Euch
keine der wirklich üblen Shockumentaries
zumuten. Die machen keinen Spaß. Also wirklich gar
keinen.
DAS IST AMERIKA hingegen hat zwar einige Grobheiten
aufzuweisen, spielt seine Stärken jedoch überwiegend
auf andere Art aus – es schmuddelt nach Kräften und
ist somit TMN-relevant. Dabei filmhistorisch
schillernd wie eine Schmeissfliege: niemals
remastered, nur auf einem russischen (!) Server in
voller Länge im Netz zu finden, und selbst zum
Regisseur lassen sich nur dünnste Spuren eruieren.
Die schöpferische Kraft jenes Romano Vanderbes
scheint sich in drei AMERICA EXPOSED Filmen
weitestgehend erschöpft zu haben, und man könnte
fast vermuten, dass wir es mit einem Pseudonym zu
tun hätten, wenn Pseudonyme Töchter haben könnten,
die in haargenau einem Film mitspielen, den sich ihr
Pseudonymvater ausgedacht und produziert hat.
Pädagogische Empfehlung - Wir raten ab.
www.filmdienst.de
Wir haben einiges an Mühen auf uns genommen, um
dieses von 1977 datierende Sammlerstückchen für Euch
aufzubereiten, und zwar in der unbezahlbaren
deutschen Synchro, welche nicht mal die Russen
haben. Erstmals in der TMN in voller Länge, nachdem
wir vor schlappen 19 Jahren ein Potpourri
aus Teil 1-3 im Hauptzollamt (!) in Ffm
aufführten.
Es ist Zeit für die ganze Wahrheit.
Seid ihr Reiche Ranchers genug?
F&J&A

07.04.2022
Von Tag zu Woche höher geschätztes,
strapazierfähiges Publikum:
Bleiben wir einfach unten im Sumpf des wissentlichen
Ignorierens, exploitistischem Habitus und
kostengünstigem Leckmich-Filmemachertums. Auch der
dieswöchige Film ist ein mit rostiger Heckenschere
und ranzigem Pferdeleim zusammengestümpertes
Zelluloid-Ungetüm, dass sich zwar nicht erdreistet,
auch nur im entferntesten irgend etwas mit den
realen Zuständen unseres an realen Missständen
reichen Planeten zu tun haben zu wollen, aber
dennoch mit gutem Gewissen als anschauliches
Beispiel für real existierende Skrupellosigkeit im
Umgang mit Material, Menschen, Publikum und
Zeitgeist zwecks Mehrung der Kokain-Portokasse
windiger Produzenten durchgehen kann. Ein garstiges
geistiges Geschwist (sic) der beknackten
Letztwochenfilme ist
NIGHT TRAIN TO TERROR
(USA 1985, Regie: drei arme Schweine, Drehbuch: Herr
Yordan, Schnitt: irgend ein verkokster Praktikant?)
allemal.
Wie schon so häufig, hatte irgend ein seelenloser
Produzent aus Langeweile und Geldgier die Idee, tief
ins Fahrwasser eines aktuellen Filmtrends
einzutauchen. Und zwar dort, wo es am brackigsten
ist. Es galt, ohne allzu großes Engagement, Kosten,
Geschmack und Skrupel drei Filme, die damals einfach
zu beschissen zum auch nur Fertigstellen
waren, aus den Studioarchiven zu fischen und,
aufgepeppt mit einer „Rahmenhandlung“ und fetziger
80er Popmusik („Darf nix kosten! Lassen wir den
Rahmenhandlungsdrehbuchschreiber-Sohnemann einfach
mit ein paar Freunden ein einziges Lied wieder und
wieder vor sich hin jaulen, das kommt bestimmt gut
an bei der MTV-Generation“), zu einem trendigen
Anthalogiefilm-Klon a`la „Creepshow“ oder
„Unheimliche Schattenlichter“ zu verhackstücken.
Und die triefäugigen Jungmenschen des Jahres 1985
staunten denn auch nicht schlecht, als sie die
Geschichte von Gott und „Lu Sifer“ (warum darf
eigentlich Gott Gott heißen und Luzifer muss als Lu
Sifer herumwursteln?) vorgesetzt bekamen, die in
einem magischen Zug durch das Weltall rasen und drei
bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Kurzversionen
nicht zuende produzierter Horrorschlockfilme
angucken, um zu beurteilen, welche der gemeuchelten
Seelen nun in den Himmel oder in den Trump-Tower
gehört, während ununterbrochen eine quatschig
posende achtziger „Band“ immer das gleiche Lied
durch die Eisenbahnwaggons (die verdächtig nach
schlecht dekorierten Wohnräumen aussehen) plärrt und
Teenager-relevante Meta-Statements zum besten gibt.
„Everybody has got something to do – everybody but
you!“ Damit kann nur das Kinopublikum gemeint sein.
Immerhin bietet der schwer verdauliche Resteeintopf
einiges, was das Herz des gepflegten
Trashkonsumenten höher schlagen lassen dürfte:
verworrene Handlung, sadistische Foltereien,
Naziunfug, Satanisten, Neumanneumanneumann-Momente
galore, Knetmonsterspinnen, Modelleisenbahnen,
wirres found footage Jahrmarktzeugs: You name it.
Der Vater des Bandleaders, wie oben schon erwähnt
als Drehbuchautor für die Gott / Lu Sifer
Zwischensequenzen verantwortlich, ein gewisser Herr
Yordan, ist übrigens ebenfalls eine durchaus
schillernd bis schattige Figur! Von den Dutzenden
von Drehbüchern und Story-Ideen, die er vorgeblich
in seiner immerhin 52 Jahre umspannenden Karriere
verfasst habe, scheint nämlich ein gerüttelt Maß
nicht auf seinem kreativen Mist gewachsen zu sein.
Das lag einerseits daran, dass er in der
McCarthy-Ära als Strohmann Skripts von auf der
schwarzen Arbeitsverbotsliste stehenden Autoren
unter seinem Namen veröffentlichte und an den
Produzenten“Mensch“ brachte (was recht Ehrenwert
war, denkt man an die sprichwörtliche Hexenjagd, der
seinerzeit unter Kommunismus-verdacht stehende
Autoren:innen ausgesetzt waren), er allerdings
andererseits auch schon deutlich vor Beginn des
fröhlichen Kommunistenjagdzeitalters gerne mal die
ein oder andere Idee „aufschnappte“ oder sich
unverdiente Credits zuschusterte und gerne als
Skript-Doktor vielen Drehbüchern den „letzten
Schliff“ verpasste – um dann gleich die Kredits als
Drehbuchautor einzukassieren. Wikipedia tratsch gut
gelaunt:
"A common anecdote in Hollywood was that he hired
someone else to go through law school for him
using his name to get the degree without having to
do any of the work, however Yordan himself denied
it."
Machen wir uns also gemeinsam auf zur
philosophisch-religiösen Popreise im
Star-very-very-light-Express zwischen Himmel, Hölle
und MTV-Klappsmühle!
J+F+A
19:00 Uhr Bahnsteigtickets kaufen
20:00 Uhr beliebige Tickets einwerfen

14.04.2022
Allerwertestes Publikum,
unwiderstehlich ist die Verlockung, anlässlich von DAS
IST AMERIKA, Teil 2 die kürzeste Einladung
aller Zeiten abzuliefern:
(....) rattenvertilgende Stadtstreicher in der
Kanalisation Manhattans und eine genüßlich
Blutwürmer verzehrende Mittelstandsfamilie gehören
zu den Schock-Höhepunkten dieser angeblichen
Dokumentation im Stil der "Mondo Cane"-Filme,
unterlegt von einem verlogen moralisierenden
Kommentar.
Wir raten ab.
www.filmdienst.de
Wir nicht!
See you
F&J&A
DISCLAIMER: Wir neigen zur Faulheit.
Die Playlist wird unregelmäßig ergänzt und ist daher
nie auf dem neuesten Stand.
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